3. Alemany [Begheren]
Der Mann Sie brauchen Hilfe. Ich kann Sie her nicht allein lassen.
Sie Und wenn ich Sie bedrohen würde?
Der Mann Warum sollten Sie mich bedrohen wollen?
Sie Sie kennen mich nicht? Sie haben mich zuvor noch nie gesehen? Sie kennen mich nicht, Sie hören, wie ich mit Ihnen rede, und Sie sind nicht beleidigt und sagen nicht, ich solle zusehen, wo ich bleibe, und Sie weichen nicht die Spur von Ihrer schleimigen Freundlichkeit.
Der Mann Beruhigen Sie sich.
Sie Ich weiß, was hier vorgeht.
Der Mann Wir sollten etwas für Ihr Auto tun. Und Sie an einen sicheren Ort bringen.
Sie (Lacht.) An was für einen sicheren Ort?
Der Mann Wohin Sie wollen.
Sie Was für einen sicheren Ort?
(Pause.)
Der Mann Erlauben Sie?
Sie Was?
Der Mann Vielleicht komme ich Ihnen jetzt sehr aufdringlich vor.
Sie Was wollen Sie jetzt noch?
Der Mann Regen Sie sich nicht auf.
Sie Was wollen Sie?
Der Mann Sie sehen irgendwie aus... Also es ist natürlich eine idiotische Vermutung.
Sie Wie sehe ich aus?
Der Mann Sie sehen erschrocken aus.
Sie Erschrocken?
Der Mann Entschuldigen Sie bitte, ich weiß, ich habe überhaupt kein Recht...
Sie Ich bin nicht erschrocken.
Der Mann Ich habe mich getäuscht, es ist nicht das richtige Wort.
Sie Ich bin es nicht, machen Sie sich keine Illusionen.
Der Mann Ich drücke mich sehr ungenau aus.
Sie Jendefalls, ich bin es nicht mehr.
Der Mann Aber falls Sie es waren...
Sie Ich bin es nicht.
Der Mann Aber falls es in Ihnen... Verstehen Sie mich richtig, es ist eine kindische Anmaßung, ich weiß es wohl. Falls es in Ihnen noch den Schatten einer Sorge gibt, die ich nicht kenne und die, verstehen Sie, nichts mit mir zu tun hat... Eine Sorge, die auf keinen Fall etwas mit Angst zu tun hat, aber die, entschuldigen Sie, sich mit Angst verwechseln ließe... in diesem hypothetischen und... absurden Fall...
Sie Völlig absurd.
Der Mann In diesem Fall, der nicht gegeben ist und bei dem ich selbst nicht weiß, warum ich ihn erwähnen sollte...
Sie Was?
Der Mann In diesem Fall würde ich gerne, und Sie werden sehen, es ist albern, würde ich Ihnen gerne, und es kostet Sie keine Minute, eine Kindheitserinnerung erzählen.
Sie Ach, ja?
Der Mann Nur eine Minute.
Sie Eine Kindheitserinnerung? Jetzt? Hier?
Der Mann Wenn Sie es mir erlauben.
Sie Hier, mitten in der Kälte, und Sie erzählen mir, was Sie taten, als Sie klein waren?
Der Mann Eine kleine Anekdote.
Sie Lieber Gott!
Der Mann Nehmen Sie es nicht übel. Vielleicht kann es Ihnen helfen.
Sie Worin? Und wie?
Der Mann Vielleicht kann es Ihnen helfen.
(Pause.)
Sie Aber schnell.
Der Mann Ja. Ich war noch klein, ein Kind. Ein ängstliches Kind in unangenehmen Zeiten. Eines Abends, nach dem Abendessen, brachte man mich wie stets ordentlich ins Bett, und ich nehme an, ich weiß es nicht mehr, ich schlief ein. Doch mit einemmal, und das war setlsam, denn sonst schlief ich wie alle Kinder die Nacht durch, auf einmal aber wachte ich auf. Alles war vollkommen dunkel. Ich hatte das Gefühl, und ich habe es bestimmt anders empfunden, das Gefühl, ins Herz der Nacht gefallen zu sein. Ich wußte nicht, wie ich die Geräusche deuten sollte. Sie waren unbestimmt. Jemand bewegte sich und beobachtete mich und würde sich, das war zu befürchten, auf mich stürzen und so weiter. Ich traute mich nicht zu rufen oder mich zu bewegen. Eine Art totales Entsetzen, armer Junge! Es verging eine ganze Weile, oder mir schien es so. Die Garäusche nahmen kein Ende, das Flüstern, das Knistern. Sie lachten über mich, sie dehnten die Folter aus, bevor sie schließlich ihren Angriff begannen. Ich konnte es nicht länger aushalten und da... Warum warten? Warum nicht ihnen zuvorkommen und Schluß machen ein für allemal? Ich erhob mich, tappte durch die Dunkelheit, stieß an eine offene Tür... Öffnete sie und überließ mich dem Bösen. So kam es, daß ich meine Eltern beobachtete, wie sie gerade eine Überraschung vorbereiteten, die meinem Geburtstag galt. Es wurde der schönste Geburstag meines Lebens.
Sie Ist das alles?
Der Mann Es ist keine besonders originelle Geschichte, jeder hat schon mal etwas Áhnliches erlebt.
(Aus Desig, 1989)
Aus dem Katalanischen übersetzt von Fritz Rudolf Fries ©